Schwebende Bahnen, schwimmende Klötze: Die Geschichte der Schweizer Landesausstellung

Seit 183 Jahren versetzt sie das Land ins Staunen.

Bereits sechs Mal fand in der Schweiz eine Landesausstellung statt. Wir werfen einen Blick auf die bewegte Geschichte - stets präsentierte sie technische Meilensteine, trotzte beiden Weltkriegen und versetzte das Volk immer wieder von neuem ins Staunen.

1883 in Zürich

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Expoarchiv, Zentralbibliothek Zürich

Zwar fanden vor 1883 immer wieder kantonale und nationale Ausstellungen statt, doch waren diese meist von gewerbeschaulichem Charakter. Und so startete am 1. Mai 1883 die erste offizielle Landesausstellung der Schweiz. Als Veranstaltungsort wurde der Platzspitz in Zürich auserkoren.

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Expoarchiv, Zentralbibliothek Zürich

Die Veranstaltung dauerte bis zum Oktober und zog 1,7 Millionen Zuschauer an - knapp die Hälfte der gesamten Schweizer Bevölkerung. Rund 5'000 Aussteller buhlten dabei um das Publikumsinteresse, darunter auch der hier abgebildete Pavillon vom Lebensmittelhersteller Henri Nestlé.

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Expoarchiv, Zentralbibliothek Zürich

Auch Berufsgattungen, wie hier die Stickerinnen, präsentierten sich der Öffentlichkeit. Besonders im Zentrum standen der Kanton Tessin - welcher durch die Fertigstellung des Gotthardtunnels im Vorjahr nun leichter zu erreichen war - und die damals in ländlichen Gegenden oft noch verpönte Schulpflicht.

1896 in Genf

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Expoarchiv

Mit der Schweizer Armee konnte die Genfer Ausgabe im Jahr 1896 einen wichtigen neuen Teilnehmer an der Landesausstellung hinzugewinnen. Ausserdem sollte das Publikum mit einem Vergnügungspark neben dem offiziellen Gelände angelockt werden. Am Ende fanden sich 2,3 Millionen Menschen ein.

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Expoarchiv, Fred Boissonnas, Photographe Genève

Der Ansturm blieb jedoch hinter den Erwartungen der Organisatoren zurück. Schuld war wohl das schlechte Wetter in jenem Jahr, das viele Besucher fern bleiben liess. Und so verpassten sie unter anderem auch das Village Suisse - einen umfassenden Nachbau der Schweizer Bergdorfidylle.

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Bibliothèque nationale de France

Diesem gegenüber stand das Village Noir, ein Lehmhüttendorf, das vorübergehend von 230 extra eingeflogenen Sudanesen bewohnt wurde. Das rückblickend rassistische Konzept solcher "Völkerschauen" war damals noch weitverbreitet und verschwand erst Mitte des letzten Jahrhunderts langsam aus Europa.

1914 in Bern

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Wikimedia

Das Vorfeld der Landesausstellung 1914 in Bern war geprägt von Spannungen zwischen Industrie und Gewerbe sowie der Deutschschweiz und der Romandie. Kritisiert wurde von den Welschen insbesondere der zu sehr an Deutschland erinnernde Architekturstil der Ausstellungsbauten.

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Expoarchiv

Trotzdem besuchten über 3 Millionen Menschen die Expo - 84% der Gesamtbevölkerung. Auch das Ausland zeigte Interesse, wie der belgische König Albert I. Hauptattraktionen waren unter anderem der Nachbau eines typischen Berner Bergdörflis und die Dammahütte des Schweizerischen Alpenclubs.

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Expoarchiv

Überschattet wurde der Grossanlass vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Als am 1. August zur Mobilmachung aufgerufen wurde, überlegte man kurzzeitig, die Ausstellung frühzeitig abzubrechen. Der Bundesrat lehnte ab und nutzte den Anlass, um das Volk zum Kauf von heimischen Waren aufzurufen.

1939 in Zürich

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ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv

Auch die Landi 39 fand vor düsterer Kulisse statt: Der Zweite Weltkrieg brach während dem Anlass aus und dominierte die Wahrnehmung des Publikums. Regierung und Veranstalter schworen daraufhin mit der Ausstellung das Volk auf nationale Traditionen, Identität und insbesondere Zusammenhalt ein.

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Public Domain

Unvergessen und das unbestrittene Highlight der Landi war die Luftseilbahn über den Zürichsee, welche die Ausstellungsplätze der Landiwiese und vom Zürichhorn miteinander verband. Über 700'000 Besucher lösten eine Fahrt für CHF 1.50, was damals dem Stundenlohn eines Fabrikarbeiters entsprach.

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ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv

Beliebt waren auch die Bootsfahrten im Schifflibach, welche durch Gärten und Hallen am linken Seeufer führten. Für das leibliche Wohl sorgten Gaststätten aus zahlreichen Kantonen und den Kleinsten las im Kinderparadies eine damals 20-jährige Trudi Gerster aus Märchenbüchern vor.

1964 in Lausanne

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Wikimedia, Anidaat

Sämtliche Gemeindefahnen der Schweiz wehten an der Pyramide, welche zum Sinnbild der Expo 64 in Lausanne wurde. Daneben sorgten insbesondere eine Monorail, die rotierende Aussichtsplattform Télécanapé und der igelförmige Pavillon des Militärdepartements für Aufsehen.

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Musée historique de Lausanne

Erstmals standen auch gesellschaftspolitische Fragen im Zentrum. So diente die Skulptur des Riesen Gullivers einer Volksbefragung unter den Besuchern. Der Bundesrat liess aber vorab Fragen zu brisanten Themen wie Abtreibung und Dienstpflicht streichen, was als "Gulliver-Skandal" in die Geschichte einging.

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Wikimedia, Paebi

Extra für die Expo konstruierte Jacques Picard das damals erste und bis heute noch grösste U-Boot für touristische Zwecke. Für CHF 40.-konnte man sich im Genfersee 25 Minuten lang auf 150 Meter unter den Meeresspiegel begeben. Heute ist das U-Boot im Verkehrsmuseum Luzern ausgestellt.

2002 im Drei-Seen-Land

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Wikimedia, WikiNik

Für die bisher letzte Expo auf Schweizer Boden schlossen sich 2002 die Regionen Biel, Jura, Murten, Yverdon und Neuenburg zusammen. Wiederholt musste der Anlass verschoben werden, so lehnten die Innerschweizer Kantone eine Exhibition zur 700 Jahr Feier der Eidgenossenschaft per Volksentscheid ab.

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Wikimedia, Norbert Aepli

Gewaltige Konstruktionen im Murten- und Neuenburgersee - wie hier der Monolith - zogen die Besucher an die Grenze zwischen Deutsch- und Westschweiz. Herzstück der Expo.02 war die Arteplage um das Bieler Seebecken, wo zahlreiche Ausstellungen und Kunstinstallationen vorzufinden waren.

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Wikimedia, Norbert Aeppli

Obwohl der Mega-Event vorab in Kritik geraten war - die Kosten überstiegen die Erwartungen bei weitem, Umweltschützer sorgten sich um Naturschutzgebiete - entwickelte sich die Expo.02 zum Publikumsliebling und übertraf mit mehr als 10 Millionen Gästen alle Erwartungen.

Publiziert am 26.06.2018 / 12:02 von Mediabox Team