Der heute eher ruhig erscheinende Zürcher Stadtteil Höngg war nicht immer so brav. Er war einst von Krieg, Missgunst und Verwüstung geprägt. Um diesen Ereignissen auf den Grund zu gehen, machen wir eine kleine Zeitreise. Es erwarten dich erschreckende Geschichten und längst vergessene Bilder aus dem Höngg von früher.
Unsere Reise durch das frühere Höngg beginnt an der Wieslergasse. Ein völlig normaler Zürcher Strassenname. Doch der frühere Name der Gasse ist für die Ortsgeschichte unheimlich wichtig: Russengasse. Hier hatten nämlich am 25. und 26. September 1799 (während der zweiten Schlacht bei Zürich) Teile der russischen Armee ihre Stellungen aufgebaut und die örtliche Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Deshalb kursierte die Bezeichnung der Gasse auch noch Jahrzehnte später in den Strassen von Höngg.

Das untere Ende der Wieslergasse (Russengasse) mündet in die Limmattalstrasse. Und dort war vor fast 80 Jahren die Hölle los. Die Bevölkerung an jener Strasse wurde nämlich am 22. September 1940 von einem Bombeneinschlag der britischen oder amerikanischen (konnte nicht genau zurückverfolgt werden) Luftwaffe überrascht. Dasselbe geschah auch bei der Maschinenfabrik Oerlikon. Man vermutet aber, dass die dortigen Angriffe gezielt waren, denn in Oerlikon wurden zu dieser Zeit noch Waffen hergestellt.

Wir gehen weiter ans untere Ende von Höngg, nämlich an die Limmat. Genauer gesagt zur heutigen Europabrücke. Denn diese Brücke ist wichtiger, als du denkst. Vor dem Bau dieses langen Betonkolosses 1964, gab es nämlich nur kleinere, unsichere Brücken, welche nicht viel Gewicht aushielten. Noch bevor es Brücken gab und jeder in der Schule schwimmen lernte, war ein Fahrt mit der Fähre der einzige Weg, um ans andere Ufer zu gelangen. Doch das war nicht ungefährlich: Viele Fähren gingen unter und kamen nicht am gegenüberliegenden Ufer an.

Gehen wir wieder zurück zur Limmattalstrasse. Denn hier ist nicht nur ein Haus durch einen Bombenabwurf zerstört worden, sondern es steht zugleich auch das älteste Haus von Höngg an der Strasse. Seit 1674 befindet sich dort nämlich das Haus “Roter Ackerstein”. Und der Name ist Programm: Der Legende nach ist das Haus aus einem einzigen Ackerstein mit rötlicher Färbung gebaut worden. Der Bauherr habe den Stein im Tausch gegen Kleidung aus Wolle erworben.

Abermals auf derselben Strasse befindet sich das ehemalige Restaurant Central. In dem heute immer noch stehenden Gebäude hatten sich damals die Leute in der Beiz über die “neuen” Trams aufgeregt. Als die Gleise vor den Türen der Beiz verlegt wurden und die ersten “elektrischen Strassenbahnen” durch Höngg rollten, waren diese beim Volk verpönt. Denn sie machten den Kutschern Konkurrenz. Aus Protest stellten die Pferdebesitzer ihre Kutschen auf die Gleise, damit die Trams nicht passieren konnten.

Du siehst, der heute gemütliche Stadtteil hat's in sich.